Das Erste, was ich sah, als ich in das Zimmer von meiner Freundin trat, war ein dickes Sparschwein aus Porzellan. Ich hob es hoch. „Donnerwetter!2 sagte ich, „ist das schwer.“ Meine Freundin öffnete es und es fielen Fünfer, Zehner und Fünfziger heraus. Ich war sprachlos. Dieser Reichtum war für mich kaum zu fassen. Ich dachte an meine paar Schillinge in meiner Streichholzschachtel. Freilich, meine Freundin hatte Eltern und sie bekam eigentlich alles, was sie wollte. Ich guckte auf das Geld. Ohne das ich mir bewusst wurde, rechnete ich mir aus, wie viele Tafeln Schokolade man davon kaufen konnte. Anschließend gingen wir spielen. Als ich gegen Abend ins Heim gehen wollte, vermisste ich meine Mütze. Ach je, die lag ja noch in Melissas Zimmer. Ich lief nochmals die Treppe zu ihr hinauf. Richtig, da lag mein gutes Stück.

Als ich meine Mütze nahm, lag da noch Geld aus Melissas Sparschwein. Ich steckte es ein. Es waren 51 Schillinge. Anschließend ging ich schnell hinaus. „Tschüs, bis morgen!“ rief ich. Nun ging ich zum Kaufmann und verlangte Schokolade. Als ich um die Ecke 29 war, sah ich mir meinen Reichtum an. Abends wollte ich sie im Bett essen, ganz allein und nur für mich. Leider bekam ich ein schlechtes Gewissen. Nicht mit meiner Schwester Moni zu teilen, das fand ich nicht gut. Aber ich konnte doch nicht sagen, dass ich die gestohlene Schokolade unter meiner Schürze hatte. Jawohl, eine gestohlene. Ich wurde rot und schluckte das Drittel auf einmal hinunter. Nur schnell weg damit. In mir hörte ich die ganze Zeit „Dieb! Dieb!“ „Ach sei still da drinnen. Morgen werde ich es wieder gut machen, jetzt aber sei still!“ sagte ich zu mir selbst. Dann ging ich zu Bett. Ich wagte an diesem Abend es nicht, zu beten. Zeitgleich fragte ich von Herz zu Herz den himmlischen Vater „Hast Du mich noch lieb?“ Morgen früh werde ich es der Sr. Lotte erzählen, um wieder zur Ruhe zu kommen. Und so war es dann auch. Ich ging zu Sr. Lotte und erzählte ihr alles. Nie wieder habe ich gestohlen! Stehlen war einfach schrecklich.